
Haiti Chérie: Afrika in der Karibik
Ich habe Haiti kennengelernt, als bitterarmes Land. Seine Wälder abgeholzt, seine Böden ausgedörrt, seine Menschen betrogen, verraten, misshandelt von Banden, Polizei, Armee und unzähligen seiner Präsidenten.
Trotzdem habe ich mich in Haiti verliebt. Ein Land, in dem Menschen unter unvorstellbar ärmlichen, schmutzigen Bedingungen jeden Morgen aufstehen und in frisch gewaschenen weißen Blusen und Hemden zur Arbeit gehen. Die Haitianer wirken trotzdem irgendwie fröhlich, ihre eigene, haitianische Musik auf den Lippen. Und auch die haitianische Malerei findet man nicht nur in den besseren Vierteln, sondern auch ärmeren Gegenden Haitis. All das zusammen ist einfach herzergreifend. Und bewundernswert, mit welcher lebensbejahenden Kraft die Menschen Haitis ihr bitterarmes Leben, oft am Rande des Existenzminimums meistern. Viele Haitianer sind vor Armut und Gewalt geflüchtet. Aus "Haiti Chérie", wie es das gleichnamige traurig-romantische Lied erzählt, bekannt geworden weltweit durch Harry Belafonte oder - für meinen Geschmack noch besser - wenn Georges Moustaki es singt.
"Haiti Chérie“ ist keine Phrase, es umschreibt ein echtes Gefühl.
Leid und Not waren schon während meiner Reisen nach Haiti in den 1990’er Jahren und dann 2010 so groß, dass es manchmal brenzlig werden konnte, wenn Haitianer in einer Menge zusammenkommen und sich ereifern, nicht unbedingt boshaft, nicht auf Gewalt aus, sondern sich mehr und mehr in ohnmächtiger Verzweiflung in Rage bringend.
Abseits solcher hysterischer Wallungen in einer Masse sind Haitianer friedfertige und wunderbare Menschen. Natürlich gibt es auch das pure Gegenteil auf Haiti, die brutale Gewalt der kriminellen Banden, einem toxischen Gemisch bewaffneter Kräfte, ehemaliger Milizen und Todesschwadrone der verschienen Regime, die Haiti terrorisieren und permanent ausrauben.
Haiti polarisiert. Seine Armut, Gewalt , sein unglaubliches Elend an Orten wie dem Slum Cité Soleil. Einem riesigen Elendsviertel, das in ganz Lateinamerika seinesgleichen sucht. Viele der ausländischen Besucher der Insel, Journalisten, Hilfskräfte, Diplomaten stößt dieser Flecken Afrika in der Karibik ab. Mich haben Insel und vor allem die Menschen Haitis fasziniert.




Grande Saline:
Das Salz "am Ende der Welt". Haitis vielleicht verwunschenster Ort
und wie so vieles in Haiti ein armes Überbleibsel einer besseren, wenn nicht sogar reichen Vergangenheit, die schon lange zurückliegt.

Port-au-Prince:
"Hafen des Fürsten" - ein stolzer Name für eine Stadt,
die für die meisten seiner Bewohner ein Alptraum ist .


Cité Soleil:
Das schlimmste Viertel von Port-au-Prince heißt "Sonnenstadt",
ein Slum, der selbst in ganz Lateinamerika seinesgleichen sucht.

Ça ira: Der Strand, an dem traditionelle Küstensegler enststehen -
und der Gedanke an die Flucht übers Meer.

Petite Gonâve: Die Insel der Ziegen und absoluter Armut
Jean Bertrand Aristide: fatale Fata Morgana
Haitis große Enttäuschung
Die USA zwangen das Militärregime, das Aristide gestürzt hatte, abzutreten und brachten den charismatischen "Armenpriester" aus dem Exil zurück nach Haiti. Aber Jean Bertrand Aristide hatte sich "wundersam" gewandelt, unterschied sich plötzlich nicht mehr von korrupten Politikern, die es nur auf die eigene Bereicherung abgesehen haben. Die große Hoffnung, an die sich die Menschen Haitis in ihrem Elend geklammert und auf eine bessere Zukunft gehofft hatten, erwies sich als große Enttäuschung.

Saut d'Eau: Ein Wallfahrtsort, an dem
sich Voodoo und Katholizismus treffen
Der Wasserfall von Saut d'Eau oder kreolisch "Sodo", der Ort an dem all der Schmutz,
Elend, Not und Angst vor der Gewalt, unter denen die Menschen Haitis zu leben
gewohnt sind, für einen Augenblick von ihnen abfällt.

Große Vergangenheit im Norden, erbaut zu einem hohen Preis

Unser Entrée zu den historischen Monumenten der Vergangenheit sind die heruntergekommenen Viertel des 25 Kilometer entfernten Cap-Haïtien, der Hafenstadt an der Nordküste Haitis, die viel von ihrer einstigen Bedeutung verloren hat. Auch durch eine massive Abwanderung der Bevölkerung in den Süden und ins Zentrum der Insel.
Palais Sans Souci und die Citadel La Ferrière in den Bergen
in Begleitung von Reiseführer Napoleon Dupin
Naive Kunst: Haiti malt sich selbst
Haiti, könnte man meinen, ist nichts für Leute wie mich, die eigentlich nicht viel anfangen können mit naiver Malerei, wie wir sie in Europa kennen. Doch hier habe ich sie schätzen gelernt. Eine "Volksmalerei", die immer wieder zu großer Kunstfertigkeit und Aussagekraft findet, und daher Maler auch von internationaler Bekanntheit und Wertschätzung hervorbringt.
Unsicherheit und Gewalt der kriminellen Banden, die das Land terrorisieren und ausplündern, machen es schwer, Haiti zu besuchen, durch seine Bildermärkte und Kunstgalerien zu schlendern, wie mir das noch in den 1990'er Jahren vergönnt war. Das schwere Erdbeben 2010, als ich zum bisher letzten Mal nach Haiti reiste, tat ein übriges, Galerien und den Kunsthandel zu zerstören. Gottseidank haben meine Frau und ich einige wunderbare Werke erworben, als wir regelmäßig Haiti besuchten.

Das "Haiti-Bild" schlechthin: die "Scène de marché" von Claude Dambreville,
in Hunderten von Versionen nachgemalt, auch vom Maler selbst.




























































































































