Stephan Hallmann

Photographien


 Titelgeschichte   aktuell: GAZA-Krieg

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Photo: Mohammed Salem/Reuters



Inas Abu Maamar hält die Leiche ihrer fünfjährigen Nichte in den Armen, getötet vom israelischen Militär bei einem Angriff auf ein Wohnviertel in Khan Yunis im Gazastreifen im Oktober 2023.


Wir kennen ihren Namen nur, weil dieses Bild des palästinensischen Photographen Mohammed Salem der Agentur Reuters als Pressephoto des Jahres prämiert wurde. Ein Bild, dessen minimalistische Konzentration auf zwei ineinander verschlungene verhüllte Gestalten den Krieg einfühlsamer darstellt als die vielen Trümmerlandschaften, in die Israel Gaza verwandelt.


Es steht in seiner ruhigen anonymen Trauer scheinbar im Gegensatz zum Tod der unglaublichen Zahl zehntausender Frauen, Männer und Kinder, die innerhalb nur weniger Wochen getötet wurden. Wir sehen sie in den Nachrichtensendungen in Form von blauen Plastiksäcken, die in Massengräber gelegt werden, weil keine Zeit und kein Ort bleibt für ein respektvolles Begräbnis so vieler Toter. 


Das Photo Mohammed Salems zeigt uns die tausendfache Trauer in Gaza in der Art eines Bildhauers: als abstrakte Gestalt, verhüllt und anonym - wie die unzähligen, namenlosen Opfer in ihren blauen Palstiksäcken in der aufgewühlten Erde Gazas.





                   Ein weiterer palästinensischer Photograph:

Time Magazine zählt      Motaz Azaiza

zu seinen "The 100 Most Influential People of 2024"

For 108 days, Motaz Azaiza acted as the world’s eyes and ears in his native Gaza. Armed with a camera and a flak jacket marked “PRESS,” the 25-year-old Palestinian photo-grapher spent nearly four months docu-menting life under Israeli bombardment: fami-lies displaced from homes, women mourning loved ones, a man trapped beneath the rubble. His images offered a glimpse into Gaza that few in the inter-national press — which has been all but barred from accessing the Strip — could rival. He did so at great risk: At least 95 journalists have been killed in Gaza since Oct. 7, in what has been the deadliest period for the press since the Committee to Protect Journalists began tracking fatalities in 1992. Dozens more have been injured or arrested. Since evacuating Gaza in January, Azaiza’s role has shifted to raising awareness of the crisis — and to calling for international intervention. “What is happening in Gaza is not content for you,” he said. “We are not telling you what is happening ... for your likes or views or shares. No, we are waiting for you to act. We need to stop this war.”






Zentrum von Khuza'a im Bezirk Khan Yunis (im Süden von Gaza) mit dem Wasserturm und der zerstörten Moschee, 2014


Ich habe während des Gaza-Konflikts 2014 für das deutsche Fernsehen von beiden Seiten berichtet, aus Israel und Gaza. Der Beginn des erneuten Gaza-Kriegs im Oktober 2023 unterscheidet sich durch das Ausmaß der Angriffe der Hamas von Gaza aus auf Israel und ihre Brutalität gegenüber Zivilisten in Israel. In diesem Sinne erleben wir gerade eine neue Stufe der Eskalation.


Es ist erschütternd mitanzusehen, wie die Debatte über den Gaza-Krieg in Deutschland von den ideologischen Lagern geführt wird. Von verbissenen Kritikern der Besatzungspolitik Israels, die nicht einzugestehen in der Lage sind, dass hier Terror, Mord und unakzeptable Gewalt gegen Zivilisten seitens der palästinensischen Hamas stattfindet. Und andererseits von den Vertretern der israelischen Staatsraison, die sich jeden Hinweis auf die Wurzeln und Ursachen der Gewalt verbitten und jede kritische Position dem Staat Israel gegenüber als "Relativierung" hinstellen.


Viele Menschen, die zwar zu der Schuld Deutschlands gegenüber seinen jüdischen Bürgern und den europäischen Juden stehen, vergessen eine besondere Verantwortung Deutschlands auch gegenüber den Palästinensern, für die die Verbrechen Deutschlands an den Juden Europas, der Holocaust, ohne eigenes Zutun zum Verlust ihrer Heimat und zu ihrer Vertreibung führten. Wir können deshalb unsere Verantwortung und unser Mitgefühl nicht einfach nur dem Staat Israel widmen, wie es zur deutschen Staatsraison erklärt wird. Unsere Verantwortung muss darüber hinausreichen und Frieden in Palästina einschließen.


Zwei Texte, die damals unter dem Eindruck des Gaza-Kriegs entstanden sind, beschreiben meiner Meinung nach auch heute noch zutreffend die Probleme im Umgang mit der traurigen Kette der Gaza-Kriege und dem "Nahost-Konflikt", der uns nun seit einem Dreivierteljahrhundert beschäftigt.



Abschließend gehe ich - wen es interessiert - noch einmal auf einige Faktoren der aktuellen Situation dieses Gaza-Krieges 2023 ein.

                               


    Gaza: inmitten von Parolen und Tränen 

                             Über die Schwierigkeiten, als Journalist mit diesem Krieg umzugehen.







Der Krieg in Gaza ist auch ein Kampf um Worte und die Deutungshoheit über sie. Da ist die Frage: ist Hamas nichts anderes als eine „Terrororganisation“, wie Israels Regierung sagt? Der Nahost-Konflikt stellt uns Journalisten vor ein Dilemma. 


Die palästinensische Seite macht es uns relativ einfach mit ihrer bizarr wirkenden großmäuli-gen Rhetorik. Sie spricht in ihrem militärisch, aber auch politisch aussichtslosen Kampf von „Sieg“ und ist doch noch nicht einmal ein David gegen-über dem gewaltigen Goliath Israel. Die radikalen Palästinenser fügen den Israelis zwar in der Tat höhere Verluste zu als in allen früheren Waffengängen. Aber Gaza wird nicht zum „Friedhof für israelische Soldaten“, wie Hamas groß-sprecherisch verkündet. Es ist vielmehr zu einem Friedhof für dreißigmal so viele Palästinenser geworden. Und politisch wirkt der islamistische Fundamentalis-mus auf die Mehrheit der Palästinenser eher abstoßend.

 

Geradezu verstörend geschmacklos wir-ken auf uns Europäer die martialischen Siegesparaden vermummter Hamas- und Islamic Jihad-Kämpfer mit ihrem Jubel über jeden getöteten Israeli. Da will man am liebsten gar nicht mehr hinschauen, geschweige denn sich die Mühe machen, nach dem Sinn solcher Veranstaltungen zu fragen und danach, was in diesen Leuten vorgeht. Es sind eben Terroristen.


Die israelische Seite hat es da leichter, unser Verständnis zu finden. Nicht nur, weil Israel, unser "Heiliges Land", seine Menschen mit ihrer Religion und Kultur uns näher sind. Seine Public Relations ist moderner, klüger, einfach so, wie wir es gewohnt sind. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu - in den USA aufge-wachsen und Absolvent der bedeu-tendsten Elitehochschulen Amerikas - ist ganz der Typ westlicher Polit-Profi. Er und sein Pressesprecher verstehen es blind, keinen Satz von sich zu geben, in dem nicht mindestens einmal Begriffe vorkommen wie: „Israels Recht auf Selbstverteidigung“, „Hamas-Terroristen“, „Sicherheit für Israel“ oder „die Hamas benutzt menschliche Schutzschilde“. Den Konflikt mit den Palästinensern um das Land klammern sie hingegen völlig aus, konzentrieren sich lieber auf die Achsen-macht des Bösen, den Iran in ihrer Be-schreibung der Herausforderungen für die  Sicherheit  Israels.


Als um Wahrheit und Fairness bemühter Journalist bereiten einem die Parolen und die einfachen Schuldzuweisungen beider Seiten, Israels und der Palästinen-ser, Bauchschmerzen.

Unser Dilemma ist: wir stehen, wenn es um sein Existenzrecht geht, hinter Israel, teilen aber nicht unbedingt die Politik und die Methoden Israels seinen palästinensischen „Nachbarn“ gegen-über. Daher haben wir eine Formel ge-funden, beiden Seiten irgendwie ge-recht zu werden. Wir berichten bei Israel über dessen gute Gründe, bei den Palästinensern über ihre Not und ihr Elend. Als Reporter, als Journalisten bleiben wir damit ausgewogen: der einen Seite die Argumente, der ande-ren unser Mitleid.


Ein klares Bild der Lage entsteht dabei nicht. Keines, das beiden Seiten, Israelis und Palästinensern, gerecht würde, beide mit ihren berechtigten Ansprü-chen ernst nimmt als Konfliktparteien, die eine dauerhafte Lösung suchen. Dem stehen schon die gängigen Denk- und Rechtfertigungsmuster samt der ihnen zugehörigen propagandistischen Worthülsen im Weg. Der Verantwor-tung, diese immer wieder kritisch zu hinterfragen, müssen wir uns als Jour-nalisten stellen.

 

Nehmen wir das Beispiel der üblichen israelischen Sprachregelung „Hamas-Terroristen“, der sich Politiker und Medien in aller Welt bedenkenlos an-schließen. Nun wirkt Hamas in der Tat wie eine terroristische Vereinigung und verhält sich auch so. Aber sie darauf zu reduzieren, heisst, sie als möglichen Gesprächspartner auszuschließen bzw. mit ihr aus der Position des Polizisten wie mit einem Kriminellen zu spre-chen. Also de facto, nicht zu verhan-deln, sondern lediglich Bedingungen zu stellen. 


Hamas, das ist aber nicht nur der blanke Terrorismus. Hamas ist auch eine politisch-islamistische Bewegung, die 2006 demokratische Wahlen in Palästina gewann und unter den ohn-mächtigen Palästinensern mit dem be-waffneten Widerstand gegen Israel immer wieder verloren gegangenes An-sehen zurückzugewinnen vermag. Das macht sie nicht besser, aber doch zu mehr als nur einer dahergelaufenen „Bande von Terroristen“.

 

Beispiele aus der jüngeren Geschichte zeigen, wie kurzsichtig so eine Banali-sierung ist. Auch die irische „IRA“ war für die britische Regierung und die USA eine Terrororganisation. Aber trotzdem auch ein Gesprächspartner, und in zähen Verhandlungen gelang es Ameri-kanern und Briten, einen bisher dauer-haften Frieden mit der "terroristischen" IRA zu schliessen. 


Die heute als gemäßigt geltende PLO im palästinensischen Westjordanland, die mit Israel in Sicherheitsfragen zu-sammenarbeitet, war früher geradezu ein terroristisches Schreckgespenst. Und auch der ehemalige israelische Ministerpräsident Menachem Begin war früher einmal Terrorist, verant-wortete und verübte Sprengstoffan-schläge gegen britische Soldaten und arabische Zivilisten, war an der Ent-führung und Ermordung britischer Sol-daten beteiligt. Ein makabres Detail aus der langen Geschichte dieses Konflikts, bedenkt man die Angst der Israelis heute, radikale Palästinenser könnten einen ihrer Soldaten entführen.


Noch ein Begriff muss in diesem Zusam-menhang genauer betrachtet werden: die „men-schlichen Schutzschilde“, als die die Hamas-Terroristen die Bevölkerung Gazas missbrau-chen. Auch dieser Vorwurf ist nicht grundlos. Aber seine gebetsmüh-lenartige Wiederholung durch die israe-lische Regierung kann nicht über einen wichtigen Aspekt hinwegtäuschen: Es gehören immer zwei dazu: derjenige, der sich hinter Zivilisten versteckt, und der, der dann eben auf beide, Hamas-Kämpfer und Zivilisten, schießt. Der große Blutzoll der palästinensischen Zivilbevölkerung und die bei weitem nicht so "chirur-gischen" Angriffe des israelischen Militärs sind ein trauriger Beleg dafür. (Auch Israel spart und setzt bei "normalem" Beschuss häufig stärker streuende Artillerie statt extrem teurer Präzisionsgeschosse ein.) 

 

Die Tatsache, dass die Hamas ihre Tun-neleingäng und ihre Kommandozentralen nicht auf frei einsehbare, offenen Flächen Gazas baut, also unter den Augen der is-raelischen Überwachungs- und Kampf-drohnen betreibt, sondern im Schutz von Gebäuden, neben Schulen oder Kranken-häusern, verwundert kaum. Und auch hier fragt sich, ob sich daraus das Recht ableiten lässt, zehntausende von Bewoh-nern Gazas aufzufordern, ihre Häuser, ja ganze Stadtviertel zu verlassen, um diese dann zu zerstören.

 

Es ist nicht leicht, mit "Terroristen" zu ver-handeln, wenn man gleichzeitig das Ziel ihrer Raketen und Anschläge ist. In Israel sieht man in den Angriffen radikaler Palästinenser nur den Beweis ihres un-versöhnlichen abgrundtiefen Hasses auf „die Juden“. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Existenz von Organisa-tionen wie Hamas, ihre verbale und gewalttätige Radikalität ist kaum denkbar ohne das Gefühl tiefer Hilflosigkeit und furchtbarer, ohnmächtiger Wut so vieler Palästinenser angesichts des Unrechts und der ständigen Demütigungen, die sie von israelischer Seite erfahren. Darin "schwimmt" Hamas.


Israelis wie Palästinenser haben letztlich keine andere Wahl, sie müssen lernen, über diesen jahrzehntelangen blutigen Schatten zu springen und sich gegenseitig zu akzeptieren: die Existenz des Staates Israel ebenso wie das Existenzrecht des palästinensischen Volkes in einem eige-nen, unabhängigen Staat. Ohne die prinzi-pielle Anerkennung der Rechte des jeweils anderen wird nie Frieden herrschen, in Israel und der Region um Israel/Palästina herum. Die Maximalforderungen - die "Zerstörung Israels" auf der einen, ebenso wie der Anspruch: "Palästina hat es nie gegeben und wird es auch nie geben" - auf der anderen Seite, sie sind beide völlig unakzeptabel.



Gaza und der

Ich verabscheue das rassistisch-antijüdische Geschrei von Hamas, ganz zu schweigen vom antisemitischen Bodensatz in Deutschland. Aber ich ertrage auch die stets für alles bemühte offizielle Phrase vom "Selbstverteidigungsrecht" Israels in diesem Fall nicht, das seinerseits Tag für Tag aus purem Eigennutz Palästinenser enteignet, von ihrem Land vertreibt und sehr schnell auf sie schießen lässt.


Deshalb hier ein paar Bemerkungen, um mich von den Apologeten beider Seiten zu distanzieren, von denjenigen, die den Konflikt nutzen, um ihr rassistisch-antisemitisches Süppchen zu kochen und denjenigen, die die militärische Großmacht Israel einseitig zum unschuldigen "David", zum Opfer stilisieren.


Niemand hat das Recht, mit Raketen auf zivile Ziele zu schießen. Das Hamas-Regime in Gaza nicht und die israelische Regierung auch nicht. Das aber tun beide. Die Hamas mit ihren primitiveren, aber mit jedem Krieg doch auch zielgenauer werdenden Mitteln tut es auf Teufel komm raus. Israel antortet mit hundertfacher Detonationskraft und Ge-nauigkeit. Wobei die "chirurgischen Schläge" israelischer Raketen und Artillerie gegen angeblich klar ausgemachte "Hamas-Ziele" im dicht bewohnten Häusergewirr Gazas eine Märchenerzählung sind. Beides sind eklatante Verletzungen der Menschenrechte. Und hinter beidem steckt zynisches Machtkalkül.

 

Die Hamas-Machthaber in Gaza wissen, daß sie mit ihren Raketen-angriffen viele der in Gaza eingesperrten Palästinenser in ihrer Ohn-macht und Wut gegenüber Israel hinter sich versammeln können. Und die israelische Regierung muß wissen, daß der tagtägliche Diebstahl palästinensischen Landes durch jüdische Siedler in den besetzten Gebie-

Palästinakonflikt

ten den Boden bereitet, der die Wut, Ohnmacht und Verzweiflung her-vorbringt, die von Kräften wie der Hamas für ihre Politik genutzt wird.


Die Friedensbemühungen in Israel/Palästina werden seit Jahren von beiden Seiten ad absurdum geführt. Durch eine korrupte palästinensische PLO-Führung in der Westbank, die sich mit dem Status arrangiert, und durch die Hamas in Gaza mit ihrer Strategie des Terrors gegen Israel. Vor allem aber auch durch eine israelische Regierung, die sich dank ihrer militärischen Überlegenheit gegen die Notwendigkeit schmerzhafter Kompromisse entschieden zu haben scheint und vorzieht, den Status quo Stück für Stück in den besetzten Gebieten zu ihrem Vorteil zu verändern.

Vorbei die Zeiten, in denen die Welt bzw. die USA unter Androhung von Sanktionen beide Seiten zu den Friedensverhandlungen in Oslo gezwungen hatten. In Israel hat die Mehrheit der Menschen ihren Glauben an einen Friedensprozess verloren und verspürt auch angesichts massiver wirt-schaftlicher Probleme kaum Lust, sich weiter dafür zu engagieren.

 

Umso mehr Respekt verdienen jüdische Organisationen wie B'Tselem oder etwa die Handvoll Offiziere und Soldaten der Reserve der Geheimdienst-Eliteeinheit 8200, die aufgrund ihrer Erfahrungen im Krieg offen die Haltung der israelischen Seite kritisieren und die berechtigten Ansprüche der Palästinenser in diesem Konflikt betonen. Was für ein Mut, was für eine Charakterstärke, in einem von Feinden umgebenen, bedrohten Land, die Stimme für die Rechte dieser vermeintlichen Feinde zu erheben! Wenn wir von Israel als der einzigen Demokratie im Nahen Osten sprechen, dann vor allem, weil es dort Menschen gibt, die so Großartiges leisten - trotz aller Versuche ihrer Regierung, sie daran zu hindern.

" Wir greifen keine Zivilisten an. Israel greift militärische Ziele an.“     Benjamin Netanyahu, israelischer Ministerpräsident am 07.08.2014   

                                                                                                                                                                                                          

             Gaza: Krieg 2023

Im Gegensatz zu den anderen besetzten palästinensischen Gebieten, der sogenannten Westbank bzw. Westjordanland, hat Israel den Gazastreifen vor Jahren geräumt, ohne sich allerdings darum zu kümmern, wie es den Menschen dort - zum großen Teil Flüchtlinge aus dem Gebiet des heutigen Israel - gelingen könnte, Strukturen einer zivilen Verwaltung aufzubauen. Man wollte "das Problem Gaza" (trotz der erbitterten Proteste jüdischer Siedler, die dort bleiben wollten) einfach loswerden und sich auf die "Erschließung" und jüdische Besiedlung des Westjordanlands konzentrieren. Radikale Palästinenser-Organisationen wie Hamas haben die Gelegenheit er-griffen und ihr Regime errichtet, nachdem Israel einen Zaun um Gaza gezogen hatte, um es sich selbst zu überlassen. Was folgte sind bisher fünf Kriege, die den Namen des schmalen Küstenstreifen tragen.


Der erste "Gaza-Krieg" fand 2008 statt. Vier Jahre später folgte 2012 der nächste. Nur zwei Jahre danach 2014 der dritte mit den bis damals verheerendsten Zerstörungen. Dann 2021 und nun im Oktober 2023 der bisher letzte. Die in Gaza herrschende Hamas verfügt über weitaus größere Feuerkraft als in der Vergangenheit, schiesst tausende von Raketen nach Israel, die allein durch ihre große Zahl das israelische Raketenab-wehrsystem überfordern. Deshalb treffen diesmal mehr Raketen Israel, richten Zerstörung an, töten Menschen. Und Hamas hat - offenbar von langer Hand geplant - einen Angriff mit Stoßtrupps in nie dagewesener Größe in Israel durchgeführt, was bisher für unmöglich gehalten wurde.


Mehrere Faktoren haben dazu geführt, dass der Hamas ein derart großangelegter Angriff auf Israel gelingen konnte, und er zu diesem Zeitpunkt erfolgte.


Die Absicht Israels, das von ihm besetzte palästinensische West-jordanland ganz zu annektieren und die in jüngster Zeit verstärkten Bemühungen, die jüdischen Siedlungen dort auszubauen, führten dazu, dass Armee-Einheiten, die für den Schutz der Grenze zu Gaza zuständig sind, ins Westjordanland verlegt wurden. Israels Regierung wähnte den Gaza-Streifen sicher abgesperrt und richtete den Blick ganz auf die militärische Sicherung des Westjordanlandes. So konnten die Hamas-Trupps weitgehend ungehindert nach Israel eindringen und sich dort stellenweise völlig frei bewegen.


Geiseln zu nehmen, als Schutzschilde gegen die zu erwartenden israelischen Vergeltungsschläge und als Tausch"objekte" für Tausende von  Palästinensern in israelischen  Gefängnissen,  war offenbar  eines der Ziele  des  Angriffs  vom  7. Oktober. Vor  allem aber  sollte es  eine



Demonstration sein, zu zeigen, dass Israel nicht unverwundbar ist und die Hamas fähig zu solchen Schlägen. Um den Schrecken auf israelischer Seite ins Unermessliche zu steigern, sind die Hamaskämpfer offenbar wie eine bar-barische Soldateska vor allem auch über die israelische Zivilbevölkerung hergefallen und haben sie bestialisch niedergemetzelt oder zu Tode gefoltert.


Auch der Zeitpunkt war bewußt gewählt, genau 50 Jahre nach dem Jom Kippur Krieg Syriens und Ägyptens gegen Israel, den man in der arabischen Welt als gelungenen Überraschungsschlag gegen Israel, ja wie einen Sieg rühmt.


Natürlich ist auch die bessere  Bewaffnung der Hamas ein wichtiger Faktor. Dahinter steckt das Interesse des Iran, der die Hamas als Verbündeten sieht und mit Geld und Waffen unterstützt. Trotzdem ist die oft zitierte Meinung, der "Iran stecke dahinter" m.E. eine Überbewertung der Rolle Irans und der Hamas als bloßem Befehlsempfänger des Mullah-Regimes.


Durch die von den USA forcierte Annäherung zwischen Saudi Arabien und Israel drohten die Palästinenser vollends ins Abseits zu geraten. Für Saudi Arabien und andere arabische Staaten wurde es immer weniger eine Bedingung für normale Beziehungen mit Israel, die Rechte der Palästinenser einzufordern. Dieser für die Palästinenser schmerzliche "Freiedensprozess", in dem sie keine Rolle mehr spielen, dürfte mit dem neuen Gaza-Krieg und der zu erwartenden Härte der israelischen Vergeltung gegen die Menschen in Gaza erst einmal in weitere Ferne gerückt sein.


Was nun folgt, haben Israels Regierung und Streitkräfte bereits angekündigt. Israel schlägt mit seiner gewaltigen Übermacht zurück, einem Vielfachen an Feuerkraft und moderner Waffentechnik. 2014 glichen weite Wohngebiete Gazas nach den israelischen Vergeltungsschlägen einem Trümmerfeld. Damals töteten wahllos auf Israel abgefeuerte Hamas-Raketen 6 Menschen in Israel. 2.125 Palästinenser starben in Gaza im israelischen Feuer. Angesichts der besonderen Brutalität des Angriffs der Hamas dieses Mal und der nie dage-wesenen Zahl von 1400 Toten auf israelischer Seite, dürfte die Vergeltung dieses Mal ungleich massiver sein.


Zumal das Ziel heute ist, Hamas "zu beseitigen". Und, um an die unterirdischen Tunnel-Systeme der Hamas heranzukommen werden israelische Bomben und Granaten alles darüber stehende dem Erdboden gleich machen - zumindest in weiten Teilen des Gazastreifens. Die Hamas dürfte den "Häuserkampf" sogar begrüßen, da dabei die technologische Übermacht Israels weniger ins Gewicht fällt. Und Israel wäre dann wieder direkte Besatzungsmacht und durch die Zerstörung ihrer Häuser und Wohnungen erneut tausende palästinensischer Familien vertrieben. Und die Frage ist offen, wem sie dafür die Schuld geben, Hamas oder Israel?




                 Titelgeschichte Photographie



Bolivien
ursprüngliches Südamerika

Bolivien war stets ein exotisches, tausende Kilometer südlich gelegenes Ziel für mich. Selbst von Caracas und Mexiko aus, wo ich damals eine Zeit lang lebte. Und keines der Länder, die ich aus politischen Gründen besonders häufig besuchte. Aber eines der spektakulärsten und landschaftlich vielseitigsten. Ein Vierteljahrhundert lagen die Negative und Diapositive meiner Bolivienreisen zusammen mit denen anderer Länder im Schrank. Meine Arbeit als Fernsehkorrespondent bestand darin, zu berichten und Filme zu machen. Das hatte Vorrang, nicht die Photographie. Nun mache ich mich endlich Schritt für Schritt daran, die alten Aufnahmen aufzuarbeiten, zu digitalisieren und mit ihnen noch einmal in diesen so ursprünglichen Teil Südamerikas und meine Erinnerungen daran vorzudringen. 



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